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Elektroosmose zum Entfeuchten von Mauerwerk
Eine Erklärung, die ich dem folgenden voranstellen möchte: ich selbst hab mich mit der Thematik bisher nur theoretisch beschäftigt und kann aus eigener Erfahrung eine Wirkung weder bestätigen noch widerlegen. Außerdem hab ich in keiner Weise gewerblichen Umgang damit.Und als Werbung verstehe ich die Seite ebenfalls nicht. Ich hab nicht weiter zu Anbietern recherchiert und nur einen zufällig gefundenen passenden Link als Erklärung aufgenommen.
Die Überlegungen hier sind vor allem deshalb in dieser Form entstanden, weil in der Newsgroup de.rec.heimwerken ab und zu Fragen dazu kommen.

Die Elektroosmose ist mir (zumindest theoretisch) aus meiner Lehrzeit in der Keramikindustrie bekannt. Dort (in meinen Unterlagen auch als Elektrophorese bezeichnet, s.u.) gibt es Anwendungen, bei denen Ton bzw. Kaolin  elektroosmotisch aus einer Schlämme abgeschieden wird. Außerdem sind mir aus der Literatur (aber ohne nähere Kenntnisse) Verfahren bekannt, bei denen elektroosmotisch Bauuntergründe verfestigt werden.
Immer mal wieder kommt die Elektroosmose in die Diskussion als Verfahren zur Mauerwerkstrocknung. Dabei sind oft auch Verfahren genannt, die angeblich kontaktlos, über (angeblich) erzeugte elektromagnetische Wellen die Kapillarwirkung im Mauerwerk unterbinden.
Meiner Meinung nach sind diese - wie auch immer erklärten - kontaktlosen Verfahren als Humbug zu betrachten, noch dazu wo einige dieser Verfahren nicht einmal extern zugeführte Energie dazu aufwenden, sondern diese Energie "aus dem Erdfeld entnehmen", sie umwandeln und wieder abstrahlen. (z.B. "Der Empfangsteil empfängt ein geoenergetisches Kraftfeld, gravomagnetischer Natur. Diese angesaugte gravomagnetische Bodenenergie wird im Sendeteil rechtsdrehend polarisiert und in den Wirkraum abgegeben". - Ja ich weiß, und die Erde ist eine Scheibe ;-).
Eine Erklärung für damit erfolgreiche Sanierungen sind sicher eher durch begleitend dazu ausgeführte andere Maßnahmen (z.B. Anbringung einer Sperrung zum Erdreich, Beseitigung von Undichtheiten im Baukörper) zu erklären.

Elektroosmose mit elektrischer Kontaktierung:
Bei den Verfahren, die mit elektrischer Kontaktierung zum Mauerwerk arbeiten, widersprechen sich die mir bekannten Literaturstellen.
 
prinzielle Funktion der Elektroosmose
1 - poröser Körper; 2 - Wasser; 3, 4 - Elektroden; FG - Feuchtigkeitsgrenze
(aus P. Wieden: Das Entfeuchten von Mauerwerk...)
Das Verfahren selbst ist schon recht alt, in der Universitätsbibliothek in Magdeburg fand ich ein Büchlein aus dem Jahr 1965, in welchem das Verfahren nebst einigen Versuchen dazu dargestellt ist.
Paul Wieden: Das Entfeuchten von Mauerwerk unter besonderer Berücksichtigung des elektro-osmotischen Verfahrens. Verlag von Wilhelm Enst & Sohn, Berlin, München, 1965.
Ich hatte es mir aus technischem Interesse heraus vor Jahren mal durchgelesen und kopiert, meine private Kopie liegt als pdf momentan hier: Wieden: Elektroosmose
Da die OCR-Texterkennung zu viele Fehler brachte, allerdings in der eingescannten Version. Deshalb Achtung: 2,5 MB (ISDN: 5 Minuten)!

In dem Buch sind auch einige Versuche beschrieben, die auch leicht selbst gemacht werden können. Ich hab die Zeit dafür aber noch nicht aufgewendet. Bevor ich aber viel Geld dafür ausgebe, würde ich sicher auch erst mal selbst testen, ob es funktioniert.

Das Verfahren an sich scheint relativ einfach zu sein:
Es müssen lediglich Elektroden am Mauerwerk angebracht werden. Dem o.g. Buch nach und auch aus ganz einfacher Kenntnis elektrochemischer Grundlagen wird das Hauptproblem dabei sein: es kann zu Problemen mit Elektrodenkorrosion kommen, d.h. Metalle der Eektroden können zersetzt werden. Als Hinweis in de.rec.heimwerken kam ein Link zu  Hydromat. Diese Firma bietet Elektroden aus leitfähigem Kunststoff an, bei denen eine Korrosion unterbunden sein soll.
Die Elektroden werden an eine Spannungsquelle angeschlossen. Gegenpol sind Elektroden im Erdreich oder gleichfalls an der Wand angebrachte Elektroden.
Im einfachsten Fall reicht für die Elektroosmose eine angelegte Gleichspannung, ein billiges Netzteil mit < 2 V müßte ausreichen. Evtl. ist noch zu berücksichtigen, daß ab einer bestimmten Spannung die Wasserzersetzung einsetzt, d.h. Wasserstoff entsteht.

Zum Verfahren "passend" mit angebotene Stromversorgungen werden möglicherweise erheblich teuer sein, denn etwas Geld will ja auch verdient werden und für simple Kunststoffelektroden kann man sicher nicht mehr als ein paar Euro/m verlangen. Aber wenn das Netzteil irgendwelche blinkende Anzeigen hat, die auf komplizierte technische Prozesse hinweisen, dann kann's sicher etwas mehr kosten. Preise kenne ich allerdings nicht.
Ob die angebotenen Stromversorgungen simple Gleichspannung erzeugen oder einer als Mittelwert anliegende Gleichspannung auch noch Pulse (pos. oder neg.) überlagern, um bestimmte Elektrodeneffekte auszulösen oder zu vermeiden, entzieht sich meiner Kenntnis. Vorstellbar ist dies jedoch, da auch einige Batterieladegeräte so arbeiten.
Energieverbrauch:
Die wohl anteilmäßig geringsten Kosten der Elektroosmose. Zur Trockenhaltung muß dauernd Spannung (unter 2 V) an die Elektroden gelegt werden. Da es sich aber nicht um eine Beheizung der Wand, sondern nur um physikalische Vorgänge handelt, ist der Energieverbrauch jedoch sehr gering (bei mal angenommenen 1 A Strom sind es nur 2 W, bei 50% Wirkungsgrad des Netzteils macht das dann 35 kWh im Jahr (für etwa 5 EUR).
Aus elektrischer Sicht ist das Verfahren völlig sicher, die 2 V sind ungefährlich und rufen auch keinen "Elektrosmog" hervor.

Links zu Elektroosmose:

Da ich selbst keine praktischen Erfahrungen habe, bin ich dankbar für Hinweise und Kommentare zum Thema. Einiges konnte ich schon der Diskussion in de.rec.heimwerken entnehmen. So gibt es auch Hinweise, daß das Verfahren nicht mehr ist als eine nette Theorie, die aber keine nennenswerten Wirkungen in der Praxis hat.

Feuchtetag 1999 Berlin (von BAM, mfpa Weimar, DGZfP)

Vorträge zur Elektroosmose:
 http://www.dgzfp.de/pages/tagungen/berichtsbaende/bb_69-CD/bb69-a4.pdf
Bericht über Untersuchungen zur Messung des durch angelegtes elektrisches Feld erreichten Feuchtigkeitstransportes in Ziegel und Sandstein.
Meine Kritik daran: Trotz des beeindruckenden apparativen Aufwandes sind die für mich eigentlich interessanten Versuchsbedingungen - die elektrischen Parameter - nicht oder nicht vollständig genannt und es wird nicht zwischen elektrischem Feld und angelegter elektrischer Spannung unterschieden. Insbesondere ist dieser Unterschied wichtig, weil im Tagungsbeitrag aus der Feldstärke eine Geschwindigkeit des Feuchtetransports errechnet wird. Genannt sind als Beispiel 100 V/m. Diesen Wert kann ich aber genauso durch Anlegen von 100 V über 1m Elektrodenabstand erreichen, wie auch durch Anlegen von 10 V über 10 cm Elektrodenabstand oder 1 V an 1 cm auseinanderliegenden Elektroden. Das diese Geschwindigkeit und damit die Feuchtetransportleistung dann trotz unterschiedlicher Spannung gleich sein soll, ist mir unverständlich. Und auf diese Art stimmt auch die Energiebilanz nicht: Bei gleicher Transportleistung und gleichem Strom (der muß aus elektrischer Sicht gleich sein, denn der spezifische Widerstand ändert sich ja nicht) wird je nach angelegter Spannung eine unterschiedliche elektrische Leistung aufgewendet.

Wenn diese Untersuchungsergebnisse stimmen, so funktioniert die Elektroosmose nicht zur Mauerwerkstrocknung. Ob nun P. Wieden in o.g. Buch recht hat oder G. Scherpke und U. Schneider im Tagungsbeitrag, vermag ich hier nicht zu sagen. Auch nicht, wer nun welchen Fehler macht.
Sollte jemand P. Wiedens Versuche nachvollziehen, so wäre ich dankbar für einen Ergebnisbericht.

 http://www.dgzfp.de/pages/tagungen/berichtsbaende/bb_69-CD/bb69-u3.pdf
Kritik an "Zauberkästchen" (mit Funkwellen etc.) - entspricht dem, was ich auch weiter oben schon schrieb - und Ausschluß dieser Geräte von der öffentlichen Förderung in Sachsen.
 http://www.dgzfp.de/pages/tagungen/berichtsbaende/bb_69-CD/bb69-p27.pdf
Hinweis auf gegenteilige Wirkrichtung von elektroosmotischem Feuchtetransport in Ziegel und Mörtel.

Hinweis:
Wer an weiteren Links (auch zu vielen anderen Themen) rund um die Baubranche interessiert ist, der kann bei der gut sortierten Baustoffdatenbank von Andrea Glatthor vorbeischauen, auf der auch die o.g. Links zu finden sind.

Elektrophorese
Weil es von der Thematik naheliegt, hier ein paar kurze Ausführungen dazu, aus meinen Lehrunterlagen (Wolf-Dieter Pürner: Aufbereitungsmaschinen in der Keramik. Institut für Aus- und Weiterbildung im Bauwesen, Leipzig 1981). Die entsprechenden Vorgänge müßten m.E. auch eine Rolle spielen bei Elektroosmose in Bauwerken, nur daß es dort nicht um den Transport mineralischer Stoffe geht (Anwendung zur Aufbereitung von Ton bzw. Kaolin).
In einer wässrigen Aufschlämmung von Ton können sich an die (elektrisch neutralen) Tonminerale OH-Ionen aus dem Wasser anlagern.
               2 H2O <==> H3O+ + OH-  (Solvatation)
Die Tonminerale werden durch Anlagerung von OH-Ionen negativ aufgeladen und wandern aus der Schlämme zu einer als Anode gepolten Walze,  (positiv gegen eine in der Schlämme befindlichen Elektrode). Dort lagert sich dann der Ton an und wird abgestreift.Leider habe ich keine näheren technischen Angaben, z.B. Spannung, Strom, Energie je kg abgeschiedener Tonsubstanz.

Paul Wieden gibt in seinem Buch (auch auf den Internet-Seiten von Hydromat so angegeben) eine positive Polung der Mauerwerkselektrode und eine negative Polung der Elektrode im Erdreich an. Dabei ist aber ein Wassertransport hin zum Erdreich, also weg von der positiven Elektrode angestrebt wird. Möglicherweise treten also andere, aber ähnlich verursachte Effekte beim Wassertransport im Mauerwerk auf.


mail: Thoralf Winkler
letzte Änderung: 20.12.2003

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